Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt

Lebensgeschichten aus der Alumni UniBE

Gemeinsam mit den uniaktuell haben wir unsere Alumni/-ae nach nach ihren Wendepunkten und Überaschungen in ihrem beruflichen Werdegang gefragt und sie haben ihre Geschichten mit uns geteilt.

Portrait Milena Hebeisen

Leben mit «Gwunder»

Milena Hebeisen

«Meinen Master in Psychologie an der Universität Bern mit summa cum laude feierte ich im Februar 2020 in Lima bei einem leckeren Fischgericht mit Blick auf den Pazifik. Eigentlich dachte ich ja, dass ich nach dem Studium und einer halbjährigen Reisepause mit der Psychotherapieausbildung beginnen und Psychotherapeutin werden würde. Es kam alles anders. Von den peruanischen Kleinbauern zog es mich, zurück in der Schweiz, «z’Alp».
Eine schwere Krebserkrankung von meinem Vater bekräftigte mich, mir treu zu bleiben und meinem Herzen zu folgen und mich nicht von Kopfentscheidungen und Zukunftsängsten leiten zu lassen. Das Leben ist zu kostbar, um es zu verschwenden. Inzwischen begleite ich Menschen in Workshops und Meditationen dabei, sich selbst, spezifische Themen und das Leben mit ‹Gwunder› zu entdecken und anzugehen. Ich schreibe Lieder und Texte und teile sie an Konzerten. Ich arbeite auf einem Bauernhof und bilde mich auch im landwirtschaftlichen Bereich weiter, damit ich die Tätigkeiten der psychischen Gesundheit und der Landwirtschaft eines Tages verbinden kann. So bin ich ‹gwundrig›, was das Leben mit mir vorhat. Ich habe jedenfalls einiges mit ihm vor.»

 

Irene Maeder Alumni 2

Brombeeren und Herodot

Irene Maeder

«Ich war 13 Jahre alt und pflückte im Garten meiner Grosseltern Brombeeren. Auf der anderen Seite des Zauns las ein junger Mann in einem Buch. Ich überwand meine Schüchternheit und fragte, was er denn lese. ‹Herodot›, war die Antwort. Nie gehört! Ich las damals Karl May und schämte mich für meine Ignoranz. Zurück aus den Ferien, wagte ich mich zum ersten Mal in eine Buchhandlung und erstand ein Reclam-Bändchen mit Texten von Herodot, die ich kaum verstand. Mir wurde klar, dass ich nichts wusste, und ich fasste den Entschluss, so viel zu lernen im Leben, wie es nur möglich war. Meine Eltern hatten andere Vorstellungen. Ich musste kämpfen, um ins Gymnasium gehen zu dürfen, und ein Studium war ausgeschlossen.

Nach der Matura habe ich fünf Jahre als Sekretärin gearbeitet und gespart, um mir ein Studium leisten zu können. Ein Stipendium wurde mir verweigert. Ich immatrikulierte mich trotzdem in Jurisprudenz und schrieb meinen ersten Rekurs – er wurde gutgeheissen. Ich habe mich danach nie mehr so frei gefühlt wie in den Jahren an der Universität Bern, wo ich nur lernen musste, lernen durfte.

Mit 32 schloss ich mein Studium ab, wurde Anwältin und später Stadtschreiberin von Bern, ging mit 60 in Pension und wanderte nach Italien aus. Heute schäme ich mich nicht mehr, wenn ich etwas nicht weiss, ich lerne einfach weiter. Das Reclam-Bändchen mit Texten von Herodot habe ich immer noch. Es war billig und klein, aber für mich war es das Tor zum Leben, von dem ich geträumt hatte.»

Karine Grace 1

Von Jus zur Fotografie

Karine Grace

«Kurz nach Studienabschluss – Rechtswissenschaften in Bern und Paris – habe ich per Zufall und mit grossem Glück in Zürich bei einem Fotoshooting die weltbekannte Fotografin Annie Leibovitz kennengelernt. Daraufhin hatte ich die Möglichkeit, bei ihr im Studio in New York ein Praktikum zu absolvieren.

Dies war eine wunderbare Erfahrung, und das Arbeiten mit ihr hat mir quasi alle Türen in New York geöffnet. Es folgte ein Praktikum bei Steven Klein und ein Trainee-Programm bei Mario Sorrenti, und auf New York folgten Erfahrungen in der Fotografie in Japan, die aber durch die Pandemie abrupt beendet wurden.

In den letzten Jahren gab es viele Herausforderungen zu meistern. Ich habe aber mittlerweile 20 Jahre Arbeitserfahrung und einen Weg gefunden, laufend Kunden zu akquirieren. Für die Zukunft wünsche ich mir, den internationalen Durchbruch zu schaffen. Mein Ratschlag: sich viel bewegen, reisen, das machen, was für einen persönlich stimmt, und nicht, was von den Mitmenschen erwartet wird.»

Matthias Morgentaler1

Unverschämt unverplant

Mathias Morgenthaler

«‹Soso, ein Zwischenjahr willst du also machen nach der Matura?› Meine Eltern hätten mir nie etwas vorgeschrieben oder verboten, aber gewundert haben sie sich schon, dass ich kurz vor Abschluss des Gymnasiums so überhaupt keine Pläne für ein Studium hatte. Noch schlimmer: Ich hatte auch sonst keinen Plan. Die Rekrutenschule würde ich absolvieren mit dem Waldhorn als einziger Waffe, so viel war klar; für die Zeit danach wusste ich nur, dass ich sicher nicht gleich wieder die Schulbank drücken wollte. Einmal im Leben kein Ziel zu haben und offen zu sein für alle möglichen Zufälle – was gibt es Schöneres?

Als ich nach Abschluss der RS in der Zeitung blätterte, fiel mein Blick auf eine Stellenanzeige. Ein mir unbekanntes Unternehmen suchte eine erfahrene Führungskraft – ausser guten Deutschkenntnissen erfüllte ich keine der genannten Anforderungen. Aus Übermut schrieb ich trotzdem eine Bewerbung, die im Wesentlichen darin bestand, dass ich diverse sprachliche Fehler im Inserat kommentierte. Drei weitere Tage später absolvierte ich einen Schnuppertag im Unternehmen, kurz darauf trat ich meine neue Stelle als Inserateverkäufer an. 

Wenn ich heute zurückblicke, wird mir klar, dass in diesem Zwischenjahr fast alle wichtigen Weichen für meinen späteren Berufsweg gestellt worden sind. Was als Auszeit gedacht war, entpuppte sich als Sprungbrett. Diese Erfahrung hat mich gelehrt: Manchmal sind es weder Anstrengungen noch Pläne, die uns weiterbringen, sondern maximale Offenheit und der Mut, sich den Erwartungen der eigenen Eltern zu widersetzen.»

Geschichten über Liebe und Freundschaft!

Gemeinsam mit dem uniaktuell haben wir auch in unserer Community nach Liebesgeschichten und Freundschaften gefragt, die in der Uiversität Bern begonnen haben und bis heute bestehen.

Uni Paare 6 Geissbühler Heute

Vereint durch die Liebe zum Sport

Sabina und Michael Geissbühler

Kennengelernt haben sich die beiden an der Uni in der Diplomturnlehrer-Ausbildung. Dabei hätten sie sich schon viel früher über den Weg laufen können – besuchten sie doch beide das Lehrerseminar, Sabina im Marzili und Michael in Hofwil. Die beiden Seminare feierten gemeinsame Partys, jedoch nie beide Klassen zusammen. Nach dem Seminar unterrichtete Michael im ganzen Kanton und ging ins Militär. Sabina unterrichtete in Wiler bei Innertkirchen und ging danach nach England. 1970 kamen beide an die Uni. Sie weiss noch, wie ihr Michael das erste Mal aufgefallen ist. Wegen des Militärdiensts fing er zwei Wochen später an als die anderen. Und dann kam er auch noch verspätet in den Theoriekurs! Er fiel auf: coole Pilotensonnenbrille, schwarzes Haar, schwarzer Bart – und dazu fuhr er einen roten MG, bei dem man das Dach herunterlassen konnte. Doch niemand schien viel über ihn zu wissen. Dann hatten sie einen zweiwöchigen Kurs in Magglingen. Wie es der Zufall wollte, erhielten sie zu zweit den Auftrag, einen OL vorzubereiten. Sabina kannte sich nicht gut mit Kompasslesen aus, Michael dafür umso mehr – so war die Aufgabe rasch erledigt, und sie hatten Zeit, sich zu unterhalten. Schnell merkte Sabina, dass ihr Michael nicht nur äusserlich gefiel, sondern auch sein Charakter viel vereinte, was sie mochte. In diesen zwei Wochen verbrachten sie fast jeden Abend zusammen und waren ab da unzertrennlich. So kam es, dass Michael ihr bald darauf einen Antrag machte – das war 1972, am Ende der Ausbildung. Im Oktober desselben Jahres heirateten sie und gründeten eine Familie. Dass sie 2022 die goldene Hochzeit feiern konnten, verdanken sie vor allem dem gegenseitigen Vertrauen und ihrem Grundsatz, dass sie sich immer viel Freiraum geben und einander unterstützen. Und natürlich der Uni Bern, die sie damals zusammengeführt hat.

Uni Paare 4 Stojikovic

Freundschaft durch Datenanalyse

Ana Stojiljkovic und Marianna Rosso

«Dass wir uns kennengelernt haben, ist eigentlich eher ein Zufall. Wir arbeiteten zwar am selben Ort, aber in unterschiedlichen Forschungsgruppen. Aufgrund der gemeinsamen Muttersprache und der Leidenschaft für die Heimatstadt von Marianna, Turin, kamen wir ins Gespräch. Die allgemein positive Stimmung im Büro führte dann zur Idee, als Gruppe Ferien zu machen. Ziel: Mallorca. Auch wenn am Ende fast alle in letzter Minute abgesagt haben, war annullieren keine Option. So hatten Marianna und ich viel Zeit, uns besser kennenzulernen. Der Urlaub war super – wir fanden heraus, dass wir sehr viele Interessen teilen. Es entstand eine Freundschaft, die uns durch den PhD-Abschluss geholfen hat. Besonders was die Datenanalyse angeht: Während des stundenlangen Kodierens und Analysierens konnten wir uns gegenseitig viel helfen. Die Datenanalyse liess uns nicht mehr los: 2022 haben wir ein Start-up gegründet, mit dem wir Forscherinnen und Studenten bei ihren Datenanalysen unterstützen. Trotzdem vergessen wir nicht, einmal im Jahr gemeinsam zu verreisen – eine Tradition unserer Freundschaft.»

Uni Paare 5 Wagner

Von Bayern nach Bern

Lucia Wagner

«Ursprünglich aus Bayern, lebte ich in Lugano, arbeitete als Physiotherapeutin und hatte mir ein Umfeld aufgebaut. Trotzdem reizte mich das Studieren. Mit zusätzlich verlangter und bestandener eidgenössischer Matura zog ich 1992 nach Bern, um Wirtschaftswissenschaften und Ökologie zu studieren. Der Wechsel wurde schwierig: Mein damaliger Partner verliess mich einige Wochen vor dem Semesterstart. Mit riesigem Herzschmerz schloss ich mit dem Süden ab und übersiedelte in die für mich unbekannte Deutschschweiz. Hier gab ich mich voll ins Studium und sass immer in der vordersten Reihe, um nichts zu verpassen. Und dort fand ich – älter als der Durchschnitt und als Deutsche – meinen ersten Uni-Freund. Doch bei dieser einen Freundschaft sollte es nicht bleiben. Auch aus dem von mir abgewehrten Flirtversuch eines Assistenten und einer unverhofften Begegnung mit einem Soziologiestudenten wurden enge Freundschaften. Alle drei pflege ich bis heute, und sie sind mir sehr wichtig.»

Manuel Und Verena

Zu zweit gehts besser

Manuel Jann und Verena Dellenbusch

«Kennengelernt haben wir uns im Frühlingssemester 2019 im Seminar Migrationsgeschichte. Zufälligerweise sassen wir nebeneinander und kamen ins Gespräch. So suchten wir uns dann auch gemeinsam ein Thema aus, über welches wir ein Referat halten sollten. Bei den Treffen zur Vorbereitung des Referates fanden wir heraus, dass Verena sich auf eine Stelle beworben hatte, welche Manuel bereits seit mehreren Jahren als Studijob ausführte. So weit, so gut – doch dann entschied sich Manuel, das Seminar sein zu lassen. Verena musste das Referat also kurzerhand allein abhalten und der Kontakt war unterbrochen.
Kurz nach dem Referat trafen wir dann aber wieder aufeinander: Verena trat die neue Stelle an und wurde von Manuel eingeführt. Der Verlassende musste die Verlassene einführen. Nachdem sich Manuel aber reichlich entschuldigt hatte und ein offeriertes Feierabendbier in Aussicht stellte, war die Sache schnell wieder vergessen und es entstand eine Freundschaft. Diese half uns durch die Höhen und Tiefen unseres Studiums, vom Literaturliste lernen bis hin zur Masterarbeit schreiben. Nach unserem zeitgleichen Abschluss im März 2022 gingen wir sogar gemeinsam nach Bochum, wo Verena vor der Uni Bern studiert hatte. Heute engagieren wir uns gemeinsam bei Alumni UniBE.»